Barbara Zeppenfeld
ArcheSchäferei
Natürlich geht es im wollerk-alb.net in erster Linie um Wolle. Aber ohne Schafe gibt es auch keine Rohwolle zu ernten. Und ohne Schafrassenvielfalt gibt es auch keine Wollevielfalt. Das wir oft vergessen. Man kann nämlich nur das kaufen, was es gibt. Und wir haben schon viele Tiere und Pflanzen auf diesem Planeten verloren, weil wir uns nicht gekümmert haben. Oft genug lag es daran, dass wir nichts davon wussten. Aber oft genug ist es auch einfach egal gewesen, denn in unserem Wirtschaftssystem verdient man meist mehr, wenn man nicht so viel über Zusammenhänge nachdenkt. Leider.
Doch es geht auch anders. Mit Slow Farming, Permakultur, einem Kartoffel-Sortengarten, Solidarischer Landwirtschaft, mit Greta und fridays-for-futur und den vielen Menschen, die sich in den letzten Jahren auf den Weg gemacht haben und aktiv wurden. Nur jammern nützt nämlich nichts. Aktiv werden macht übrigens total Spaß und tut gut! Zum Beispiel auch auf einer Wir-haben-es-satt Demo. Oder der Mitarbeit am Messestand, oder beim Kinderferienprogramm oder beim Stall misten - oder einer eigenen kleinen Schaf- oder Hühnerzucht... .Und man lernt interessante und nette Menschen kennen. Und man wundert sich, was man vorher alles nicht gewussst hatte.
Also rede ich hier erst mal über Schafe. Und Vielfalt. Und Kreisläufe.
Mit drei Waldschafen und ein paar verlotterten Streuobstwiesen hat im Herbst 2004 alles begonnen. Flecki, Hörnchen und Die Wilde 13 haben die ersten wolligen Winterlämmer geboren und ich war hin und weg. Im Sommer darauf sind drei Krainer Mädels sowie die Buben Moritz und Gandalf eingezogen und die ArcheSchäferei wurde wolle-bunt und wuchs. Die Herde wurde größer, die Weideflächen und Wollberge ebenso.
14 Jahre später: Aktuell bewirtschaften wir mit 80 Schafen ca. 13 ha artenreiche Streuobstwiesen am Reutlinger Albtrauf sowie - in Zusammenarbeit mit dem NABU Mössingen, dem Schwäbischen Albverein Bronnweiler und der Stadt Reutlingen - einige Biotope mit seltenem Tier- und Pflanzenvorkommen. Unsere Weiden und Pflegeflächen befinden sich zum Großteil im Biosphärengebiet Schwäbische Alb.
2019 kamen noch ein paar Alpine Steinschafe dazu. Die Alpinbuben erfreuen sich seither großer Beliebtheit bei den Besuchern des Reutlinger Markwasenwaldes (Projekt Juchtenkäfer-Eichenwald).
Die Schafe tun viel Gutes beim Fressen. Durch die Beweidung und den Kot der Weidetiere wird das Bodenleben aufgebaut. Sämtliche Insekten bleiben erhalten, keine Heuschrecke, kein Käfer wird durchs Mähwerk zerschreddert. In den alten Grashalmen können Schmettlingslarven überwintern. Die Wiesenblumen sind Nahrung für vielerlei Insekten und Käfer. Auch das Totholz der Bäume ist Lebensraum unzähliger Organismen und die Baumhöhlen dienen seltenen Fledermäusen als Wohnstatt.
Die drei Rassen unserer Weideprofis sind auf der Roten Liste der heimischen Nutztierrassen in der Kategorie "stark gefährdet" verzeichnet. Bestandszahlen 2017 in Deutschland: Waldschaf etwa 1400, Krainer Steinschaf und Alpines Steinschafe jeweils etwa 1000 Zuchttiere. Das ist sehr überschaubar. Und nicht nur die Rassen an sich sind gefährdet, auch innerhalb der Rassen muss auf ausreichende genetische Breite geachtet werden, um Inzucht zu vermeiden. Ein wenig Grundlagenwissen mendelscher Genetik ist hilfreich. Die ArcheSchäferei betreut seit ihrer Gründung neben der Mutterschafherde auch eine eigene Bockherde und stellt wertvolle Zuchttiere für Erhaltungszüchter zur Verfügung. Schlachttiere gibt es bei uns nicht.
Die Schafe der ArcheSchäferei sind gut geschult und arbeiten in der Landschaftspflege wie auch in unseren umweltpädagogischen Angeboten: Wir bieten Schul- und Kindergartenprojekte, Kindergeburtstage, Schafwanderungen, Streuobstpädagogik und ein umfangreiches Ferienprogramm rund um Schafe, Wolle und den Lebensraum Streuobstwiese. Auch Führungen für Erwachsene, Exkursionen oder Vorträge zu seltenen heimischen Schafrassen und ihrem Einsatz in der Landschaftpflege sind möglich. Wer Interesse an mehr Anbindung hat, kann sich für eine Schafpatenschaft mit Herdenanschluß bewerben oder in den Ferienkursen mitarbeiten.
Die Wolle meiner Tiere wird in Familienbetrieben in Deutschland und Österreich zu schönen robusten Wollwaren verarbeitet. In unseren wollwerk-alb workshops und den gemeinsamen Ferienkursen findet naturfarbig gewachsene Wald- und Steinschafwolle Verwendung.
Seit 2019 haben wir ökologisch hochwertige Schafwolldüngepellets aus unserer Biosphärenwolle im Umkarton im Angebot. Ein idealer Langzeitdünger für Ihren Garten und für Baumpflanzungen. Das ist Kreislauf pur. Und auch die löcherigen Wollsocken aus der ArcheSchäferei können auf den Kompost, denn sie bestehen aus 100% naturbelassener Schurwolle. Kein Gramm Plastik.
Die ArcheSchäferei und auch das wollwerk-alb.net betreiben keinen Laden. Wir sind auf regionalen Märkten zu finden - zum Teil als ArcheSchäferei bzw. den jeweiligen Netzwerkerinnen, zum Teil auch gemeinsam als wollwerk-alb Netzwerk.